Finanzausschuss: Genöle, Beleidigungen und Sanierungsstau beim BME-Abwasser

“Ich sehe nicht ein mich ununterbrochen mit dem Genöle aus Bad Münster auseinanderzusetzen” brach es aus Lothar Bastian heraus. Das erfahrene Grünen-Stadtratsmitglied, der sonst durch sachliche und zielführende Beiträge auffällt, reagierte gereizt auf den Diskussionsverlauf im Finanzausschussam 20.9.18. SPD-Stadtrat Erich Menger hatte laut – fast schrill – angefragt, wie lange im Stadtteil noch höhere Gebühren zu zahlen sind, als im alten Stadtgebiet. Und weil er nicht sofort die Zusage bekam, das damit unverzüglich Schluss ist, prügelte Menger verbal lautstark auf die früher Verantwortlichen der Verbandsgemeinde BME ein.

“BME zu hart angefasst”

Diese wären “mit bedingtem Vorsatz” untätig geblieben und hätten den Bürgerinnen und Bürgern die aktuelle Situation eingebrockt. Nachdem es dazu eine Erklärung des Bürgermeisters und vorsichtige Gegenrede aus dem Ausschuss gab, stiess CDU-Fraktionschef Klopfer ins gleiche Horn wie Menger (SPD): “Ich halte nichts von Vergangenheitsschelte, wir haben BME übernommen mit schönen und schlechten Seiten”. Münster werde “zu hart angefasst”. Das wurde von Bürgermeister Wolfgang Heinrich mit dem Zwischenruf “Unsinn” kommentiert. Heinrich warf Klopfer vor “ich weiss, dass Sie sich nicht an Regeln halten”. Den Kommentar schluckte Klopfer noch und plädierte dafür, das Finanzproblem im Stadtteil zu lösen, in dem “Beiträge aus der Solidargemeinschaft geleistet werden”. Es sei eine Frage des Willens und nicht der beitragsrechtlichen Vorschriften.

“planmässig und korrekt”

Da konnte Heinrich, der als Kämmerer vollkommen Unschuldige und Unbeteiligte vor finanziellen Nachteilen schützen möchte, nicht mehr an sich halten und musste lachen. Das wiederum provozierte Klopfer, der dem Bürgermeister zurief “da brauchen Sie nicht zu lachen”. Er fand dann wieder zum Sachthema zurück und bat darum die neue Abwasser-Kalkulation “schnell” zu machen, “damit wir die bis zur Beitragsgestaltung 2019 auf dem Tischh haben”. Daran anschliessend konnte er sich die Belehrung, man könne einen wichtigen Stadtteil nicht über Jahre hinweg an der Leine führen und sagen, “ihr wart bös, ihr wart schlecht” und fügte an den Bürgermeister gerichtet an: “Jetzt können Sie wieder lachen”. Das fand der gar nicht lustig und teilte Klopfer mit, auch dessen Vorgehensweise “Mauscheln” werde nichts daran ändern, dass “das alles planmässig und korrekt gemacht wird”.

“falsch verstanden”

Zusätzlich gab er Klopfer mit auf dem Weg, seine populistische Art, den Leuten was vom Pferd zu erzählen, führe dazu, ihn nicht mehr ernst nehmen zu können. In diesem Moment ergriff Jürgen Locher (Linke) das Wort. Er hob zunächst themenbezogen die vom Bad Kreuznacher Abwasserbetrieb seit vielen Jahren erreichte “Preisstabilität” positiv hervor, konnte sich dann aber den Seitenhieb, “bestimmte Themen eignen sich nicht für Kommunalwahlkampf” nicht verkneifen. “Scheinheilig”, zischte da Klopfer und korrigierte den Linken: “natürlich eignet sich alles”. Das war der Moment, in dem Lothar Bastian in die Diskussion eingriff. Er lobte den Abwasserbetrieb und führte mit Blick nach Westen aus: “Dort wo der Schaden angerichtet wurde muss das Geld herkommen, um die Sache in Ordnung zu bringen”. Dadurch fühlte sich nun wieder Erich Menger angesprochen. “Sie haben mich falsch verstanden” versuchte er Bastian zurechtzuweisen.

Erleuchtung durch Schlosser

Und wiederholte seine Litanei von den früheren Verantwortlichen, die gutgläubige Bürgerinnen und Bürger getäuscht hätten. Und erneut wies er darauf hin, dass die Betroffenen nun “so viel zahlen” müssten. Damit machte er deutlich, das ER nicht richtig verstanden hatte. Denn schon nach Mengers erster Philippika hatte der Bürgermeister sachlich darauf hingewiesen, dass das Fehlverhalten der damaligen VG-Führung einen grossen Vorteil für die BürgerInnen in und um Bad Münster hatte: “die haben doch deshalb früher viel niedrigere Beiträge bezahlt”. All dem wohnte der erst noch kein halbes Jahr im Amt befindliche Beigeordnete Markus Schlosser stumm bei. Nachdem Menger dann zum x-ten Mal ausgerufen, fast gebrüllt, hatte, “die Bürgerinnen und Bürger sind arglistig getäuscht worden”, stand Schlosser auf, ging in den Flur und schalte das Raumlicht ein. Nach dieser Erleuchtung wurde der Tagesordnungspunkt unfallfrei und ohne weitere verbale Ausfälligkeiten abgeschlossen.

Meinung: unterhaltsam

Wenn man mit gutem Willen über manche rhetorische und intellektuelle Untiefe in seiner Brüllerei hinwegsieht, kann man Erich Mengers Fensterreden im Finanzausschuss am 20.9.18 in einem Detail nachvollziehen. Ihn ärgert offenbar, dass die Amtsinhaber der früheren Verbandsgemeinde Bad Münster beim Abwasser mit Vorsatz untätig blieben, so einen Instandsetzungs- und Investitionsstau in Millionenhöhe hervorriefen und heute für dieses gleichermassen unstrittige wie frevelhafte Fehlverhalten nicht zur Verantwortung gezogen werden. So weit so gut. Aber warum belästigt Menger mit dieser berechtigten Klage den Finanzausschuss? Der hat damit absolut nichts zu tun. Menger sollte sich an die Staatsanwaltschaft wenden oder Bürgerversammlungen durchführen und die Schandtaten früherer Verantwortlicher offenlegen. Er wird sich dann allerdings nicht nur von politischen Mitbewerbern fragen lassen müssen, warum er all das nicht gleich 2014 und 2015 so lautstark vertreten hat. Sondern erst jetzt, acht Monate vor der nächsten Kommunalwahl. Nachdem statt anfänglich fünf nunmehr immerhin 16 Stühle im Sitzungssaal für ZuhörerInnen zur Verfügung stehen, darf man EinwohnerInnnen getrost aufrufen, an den Sitzungen der Gremien teilzunehmen. Wer sich diese Freude macht, kommt nach Terminen wie dem 20.9. möglicherweise zu folgendem Schluss: die kommunalpolitisch Tätigen haben einen Schuss^^ – einen Finanzaus-schuss. Manchmal ist es auch ein Haupt- oder Planungsaus-schuss. Aber in jedem Fall unterhaltsam. Wenn man sich von der Tatsache frei machen kann, dass all das, was da abläuft, keine Realsatire, sondern bitterer Ernst ist.

Strigidus Minor