Erster Erfolg* der touristischen Neuausrichtung

Da staunten auch Neider und Zweifeler voller Anerkennung: der Stadtspitze ist der erste grosse Coup bei der vor Wochen angekündigten touristischen Neuausrichtung nach Rheinhessen gelungen (diese Seite berichte am 18.6.18: “Gesponnenes und seine Bedeutung für Tourismus”). Hoch oben in luftiger Höhe prangt seit Mitte Juli an einem der prominentesten Häuser der Stadt ein Werbeplakat für das Klosterfest in Pfaffen-Schwabenheim.

Für das wegweisende Konzept des Stadtvorstandes möglichst viele Gäste Richtung Rhein umzuleiten hätte es einen symbolträchtigeren Ort kaum geben können. Denn in dem derzeit in Sanierung (und im Besitz der Stadt) befindlichen Casinogebäude, in Rufweite des Stadthauses, tagte schliesslich jahrzehntelang der Rat der Stadt. Eben Tradition und Geschichte zum Anfassen. An dieser augenfälligen Stelle an der Kreuzung zweier Hauptverkehrsachsen wäre Werbung für zeitgleiche Veranstaltungen in Bad Kreuznach wohl kontraproduktiv gewesen. Schliesslich muss man als Gässje ja froh sein, wenn Rheinhessen als neue Bad Kreuznacher Zielregion hiesige Gäste übernimmt.

Vor Ort scheint man mit ihnen ohnehin punktuell überfordert: wenn sie mit der Bahn kommen stehen nicht mal einbruchssichere Schliessfächer zur Verfügung. Der I-Punkt auf dem Europaplatz ist hinter Grüncontainern gut versteckt (direkt am Haupteingang würde ihn ja eventuell noch einer nutzen …). Gästen, die mutig auf eigene Faust Richtung Innenstadt gehen, wird dort gleich mal gezeigt, was sie erwarten könnte.

Wer mit dem Bus anreist wird in der Wilhelmstrasse erst mit einem Busparkplatzschild in die Mühlenstrasse gelockt, um dort dann direkt an einer Baustellenbarke zu landen. Bussreisende die Glück haben, weil ihr Fahrer trotz komplexer Verkehrssituation und Schilderwald den Wegweiser nach der Thress`schen Mühle in die Kirschsteinanlage erkennt, stehen dann – wenn auch ohne jede weitere Infotafel -mitten in der Stadt. Müssen aber nicht wie jene, deren Bus in Richtung Kornmarkt weiterfährt, aufwändige Rangier- und Rücksetzmanöver an der Abbiegung in die Beinde miterleben. Für die Pkw-Reisenden sieht es bedeutend besser aus. Aber auch die automobilen Touristen fragen sich, warum sie um Infos, Pläne und Broschüren bei der Touristinformation erhalten zu können, mitten ins Kurgebiet fahren müssen. Zumal auch dort jetzt Poller-Pläne deutlich machen, dass das Aussperren Ortsfremder sich als konkrete Grundhaltung verfestigt hat.

Nur bei der von der Oberbürgermeisterin ausgerufenen Beseitigung von Spinnen und ihren Webprodukten ist die Stadt noch nicht recht weitergekommen. Auf dem von Touristen und bei Stadtführungen genutzten Weg durch die Magister-Faust-Gasse hat sich eine Kolonie der Achtbeiner hartnäckig eingenistet. In der selben Strasse zeigt sich allerdings auch, was möglich ist, wenn sich private Initiative entwickelt.

Insbesondere vor den Häusern Nummer 24 und 28 bleiben Einheimische und Gäste immer wieder stehen, um sich an der liebevollen Begrünung der Hauswände zu erfreuen. Es ist dieses Engagement von einzelnen Bürgerinnen und Bürgern, das Vorbild sein kann für viele andere. Sozusagen der Beweis, das Goethes Erkenntnis im Götz auch umgekehrt einen Sinn macht: wo Schatten ist, ist auch Licht.

* Hinweis: IRONIE